Bauteilbörse Bremen

Endlich haben wir es geschafft: Nachdem wir schon seit Ewigkeiten den Plan geschmiedet haben, zur Bauteilbörse zu fahren, war heute der Tag, an dem wir das Vorhaben in die Tat umgesetzt haben! Wir können sagen, es hat sich gelohnt. Karin Strohmeier, eine der Mitbegründerinnen der Bauteilbörse, hat uns eine super Tour gegeben und uns einen Einblick in den Berufsalltag und die Strukturen ermöglicht. 

Der Beginn

Die Bauteilbörse rettet gebrauchte Bauteile von Abbruch- oder nennen wir es besser Rückbauvorhaben, bereitet sie falls notwendig auf und bringt die Teile danach wieder zurück in den (Bau-)Kreislauf. Im Herbst diesen Jahres kann sie schon ihr 20–jähriges Bestehen feiern. Es fing alles mit einer Idee und den richtigen Menschen an, die diese gefördert und für zukunftsfähig gehalten haben. Zunächst wurde der Betrieb in einer kleinen Garage gegründet – so wie man es von Startups heutzutage kennt, denn alle großen Ideen werden schließlich in Garagen ertüftelt. Hier wurden Bauteile gesammelt und zur Weitergabe aufbewahrt. Doch diese Garage wurde schnell zu klein für diese große Idee und etwas Größeres musste her.. Der Startschuss für die Bauteilbörse war gesetzt. 

Angebot

Angeboten werden jegliche Art von Bauteilen, von Bodenbelägen bis Beschläge, über Fenster und Türen, bis hin zu Sanitärobjekten und Heizkörpern. Dreht man hier seine Runden durch die Börse, entdeckt man eine riesige Auswahl an Kleinigkeiten wie Türgriffe und Lampen oder große Ready-Mades wie Treppen – alles bereit, eingebaut zu werden. Dabei handelt es sich primär um schon einmal verbaute Produkte, jedoch werden zusätzlich häufig Restposten aus den Lagerbeständen von beispielsweise Fensterbauer*innen vorbeigebracht. Für Stöber*innen sind stets Überraschungen an jeder Ecke, historisch oder neu, bunt oder uni-farben.. Hier kann man sich sicher sein, dass die Bauteile Charakter haben und nicht (mehr) die Fließband-Ware sind, wie man es heutzutage gewohnt ist. 

Und ist es nicht sowieso viel schöner etwas zu verbauen oder verbauen zu lassen, dass bereits eine Geschichte erlebt hat?! 

Knackpunkte 

Eine grundlegende Frage ist natürlich auch bei der Bauteilbörse: Was bringt den höchsten Gewinn? Bislang wurden die meisten Einnahmen durch den Verkauf historischer Bauteile erzielt. Jedoch werden diese immer teurer, sodass die Bauherr*innen Geld für den Ausbau verlangen. Das hat zur Folge, dass eine zuvor stetige Einnahmequelle bröckelt.

Des Weiteren ist der Wiedereinbau von alten Fenstern ein schwieriges Unterfangen. Durch die ständig steigenden Anforderungen an die Gebäudehülle der Energieeinsparverordnung oder eben heutzutage des Gebäude-Energiegesetzes sind eigentlich gebrauchstaugliche, allerdings alte Fenster häufig nicht mehr in ihrem eigentlichen Zwecke nutzbar. Denn diese können schlicht nicht mehr den richtigen Dämmwert erreichen. Außerdem kann bei vielen gebrauchten Bauteilen die Gewährleistung nicht mehr über einen langen Zeitraum erbracht werden. Handwerker*innen/ Architekt*innen etc. möchten verständlicherweise nicht dafür zur Verantwortung gezogen werden, wenn wiederverwendete Bauteile früher als gedacht das Ende ihres Lebens erreichen oder schlicht nicht mehr in gewohntem Maße funktionieren. 

Das Eine ist die Gewährleistung, das Andere ist die Planungssicherheit gegenüber der Bauherr*innen. Wer ein Objekt plant, hat gegenüber den Auftraggeber*innen die Pflicht, sowohl ein gewisses Budget als auch Zeitspanne nicht zu überschreiten. Das Einplanen gebrauchter Bauteile birgt oft ein Risiko, sofern nicht sicher ist, was zum Zeitpunkt des Baus auf dem Markt verfügbar sein wird. Das Warten auf diese Materialien, sowie die Unsicherheit in Stück, Anzahl und Maßen der Bauteile könnte den gesamten Ablauf in Gefahr bringen. Zudem können Zwischenlagerungen zu einer weiteren logistischen Herausforderung werden.  

Chancen

Doch genau in dem letztgenannten Knackpunkt kann sich auch eine große Chance für spannende neue Bauvorhaben bilden. Der Prozess des Entwurfs nach der Verfügbarkeit bietet die Möglichkeit, aus den alt bekannten Mustern auszubrechen und neue innovative Konzepte zu entwickeln. 

Das Einsparpotential bei der Wiederverwendung alter Bauteile ist enorm. Sowohl der CO2-Ausstoß als auch die fossile Primärenergie eines einzelnen wieder eingebauten Objekts gehen nahezu gen Null. Denn sie müssen lediglich höchstens wieder aufbereitet werden, somit entfällt der Ausstoß des Herstellungsprozess. Die Einführung einer verpflichtenden Lebenszyklusanalyse gäbe den gebrauchten Bauteilen einen Schub wieder als vollwertiger Stoff und Möglichkeit angesehen zu werden. 

Und auch das Thema Rohstoffknappheit ist, zynisch gesagt, eine Chance für Businesse wie die Bauteilbörse. Fossile Stoffe und Materialien werden stets weniger und die Gewinnung ist mit immer höherem Aufwand, bzw. immer größeren Ausbeutung verbunden. Ein Punkt an dem die Wiederverwendung von (Bau)teilen einsetzen muss. 

Das fehlende Wissen um die Qualität 

Ein wichtiger Punkt, wenn es darum geht, zu erklären, warum die gebrauchten Bauteile immer noch teurer sind als der “Kram” aus dem Baumarkt. Viele Menschen vergessen beim Kauf ihrer Produkte darüber nachzudenken, wie das selbige sich in den darauffolgenden Jahren verändern wird. Der Preis ist heiß und mehr zählt nicht. Dass genau so eine Denkweise das Portemonnaie auf die lange Bahn jedoch sehr viel schmaler werden lässt, ist außerhalb des Dunstes. Und nein, es muss nicht sofort das teuerste Objekt auf dem Markt sein. Aber etwas mehr Informationen über die Qualität von Produkten wäre schon nicht schlecht. Bei der Bauteilbörse sind die Bauteile zwar gebraucht, dennoch weiß das Team um ihre Werte und ist gerne bereit diese zu teilen! 

Wer um den Wert der gebrauchten Bauteile schon Bescheid weiß, sind ein paar Kaufwillige aus verschiedenen Bereichen Afrikas. Dort werden häufig nur Sanitärobjekte von niederer Qualität angeboten, die minderwertig verarbeitet sind. Deswegen kommt es in der Bauteilbörse oft zu dem ein oder anderen Besuch und anschließend werden gebrauchte Waschbecken und Co. auf dem Schiffsweg bis nach Afrika gebracht. Denn die Verfrachtung ist so kostengünstig, dass sich das Unterfangen preistechnisch auszahlt. Klar, kann man hier den langen Transportweg klimatechnisch bemängeln, aber vielleicht muss man in dem Falle auch viel mehr die allgemeine Struktur hinterfragen. Wie kann es sein, dass von anderen in großer Ferne die Chancen und die Qualität der gebrauchten Bauteile schon entdeckt wurde und hier ist es immer noch zum Teil negativ behaftet oder ein Nischen-Thema? 

Resumée

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bauteilbörse seit 20 Jahren eine Vorreiterin ist. Jedoch wissen, trotz der allseits bekannten Umstände der (fossilen) Materialknappheit, die wenigsten um den Wert des Gebrauchten Bescheid. In einer so schnelllebigen und verschwenderischen Welt, wie der heutigen, muss es mehr Institutionen wie die Bauteilbörse geben. Wir können nicht weiter alle paar Jahr Gebäude abreißen und wieder neu bauen, ohne die Ressourcen aus dem Rückbau zu nutzen. Und wenn wir mal ehrlich sind, ist der massenweise Abriss sowieso das Anfangsproblem, an dem angesetzt werden muss. 

Die Welt ist gebaut, wir sollten lernen mit dem Bestehenden zu arbeiten und nicht dauerhaft das Neue zu erwarten!